THEOLOGIE DES LEBENS

Eine neue Erzählung über das Leben, wie wir es erfahren

Der Anfang des Blogs: eine Einladung

6 Kommentare

Dies ist der Anfang. Dieser Blog beschreibt die Eckpfeiler einer Theologie des Lebens und bietet die Möglichkeit eines Austausches darüber. Ich meine: wir brauchen die Beschreibung einer neuen Sichtweise auf das Leben und der Rolle des Menschen im Netzwerk des Lebens auf diesem Planeten. Der Mensch ist die Lebensart, die das Leben am meisten gefährdet. Er gehört zu den jüngsten Lebensarten, die unseren Planeten bevölkern. In der kurzen Zeit, die er hier bisher verbracht hat, hat er bereits einen Großteil aller anderen Lebensarten vernichtet und die Ressourcen des Lebens ausgebeutet. Vielleicht ist es zumindest für die Lebensart Mensch längst zu spät. Vielleicht kann der Mensch aber auch diese neue große Herausforderung meistern, sich selbst und seine Ansprüche zurücknehmen, sich und seinen  Verbrauch begrenzen und das Leben aller anderer Arten schützen, bewahren und fördern. Vielleicht. Es ist jedenfalls seine Aufgabe. Hierfür braucht es einen radikalen Perspektivwechsel, eine ganz neue Sicht auf das Leben. Der Mensch muss seine Rolle im Lebensnetzwerk neu definieren und daraus Konsequenzen und enorme Veränderungen in seinem Lebensstil ziehen. Die neue Sichtweise nenne ich eine Philosophie und Theologie des Lebens. Ich lade alle, die daran Freude haben, ein, mitzudiskutieren und Kommentare zu schreiben. Ich freue mich auf einen spannenden Austausch.

Autor: theologiedeslebens

Ev. Pfarrer in Dortmund

6 Kommentare zu “Der Anfang des Blogs: eine Einladung

  1. Darf ich eine Frage fragen? 🙂
    Du schreibst hier: „sich selbst und seine Ansprüche zurücknehmen, sich und seinen Verbrauch begrenzen und das Leben aller anderer Arten schützen, bewahren und fördern. (…) Es ist jedenfalls seine Aufgabe.“
    Meine Frage dazu: Warum meinst du, das sei unsere Aufgabe?
    Hätten die Bäume sich begrenzt und kein Holz gebildet, hätten sie einen wirklich extremen Umweltwandel inklusive massenhaftem Artensterben verhindert (Kohlenstoff wurde entzogen, Sauerstoffgehalt stieg an…)
    Hätten später die Pilze beschlossen, sich zu begrenzen und lieber doch kein Todholz abzubauen, hätten auch sie eine erneute massive Veränderung inklusive beinahe komplettem Artensterben verhindert. (Alle Lebewesen, die nach der Umwälzung durch die Bäume entstanden waren und auf den sehr hohen Sauerstoffanteil angewiesen waren, sind ausgestorben, weil die Pilze den Kohlenstoff wieder freigesetzt haben)
    Die Welt wie wir sie heute kennen, inklusive uns, war nur möglich, weil es diverse solcher „Umweltkatastrophen“ gegeben hat.
    Was gibt uns das Recht, ja sogar die „Aufgabe“ eine erneute Umwälzung dieser Art zu verhindern? Verhindern wir damit nicht auch die wahrscheinliche Entwicklung neuer Arten? Ist „Einmischung“ nicht immer „Einmischung“ egal, in welche Richtung es geht? Gehören solche extremen Umweltveränderungen nicht zu diesem Planeten dazu? Egal ob Bäume, Pilze oder Menschen die Urheber sind? Haben wir denn das „Recht“ solche Prozesse bewusst und gezielt zu unterbinden, zu bremsen, zu manipulieren? Und warum ist das wichtig? Wen interessiert es, ob Eisbären, ein Virus oder Menschen aussterben? Irgendwann interessiert es sicher die neuen Arten, die nur deshalb entstehen konnten… weil sie sagen könnten: „Ohne diese Umwälzung durch die Menschen damals vor 500.000 Jahren hätten wir uns nie entwickeln können“
    Überfordert es uns vielleicht auch psychisch, uns dafür verantwortlich zu fühlen, wie sich dieser Planet entwickelt? Macht es uns vielleicht nur unglücklicher? Lenkt es uns sehr vom Hier und Jetzt ab, wenn wir immer nur furchtsam und mit Versagensangst in die Zukunft blicken, die Last der Verantwortung für einen ganzen Planeten auf den Schultern?
    Ich denke auch: “ Der Mensch muss seine Rolle im Lebensnetzwerk neu definieren “ aber ich finde es angenehmer, mich einzureihen in diesen Tanz des Lebens, in die Entwicklungsprozesse und ich wage es nicht, vorherzusagen, ob ein neuer Wandel mehr oder weniger Leid verursachen wird als eine verzweifelte Erhaltung eines Status Quo. Und da ich das nicht weiß… bleibe ich im Hier und Jetzt und versuche Leid zu verhindern und Spaß zu verursachen, wo ich die Folgen einigermaßen abzusehen glaube. Ich möchte die Verantwortung für die Prozesse auf diesem Planten nicht übernehmen. das erscheint mir unangemessen und großspurig. Ich bin nur ein Tier, wie alle anderen. Ich möchte lecker essen und viel Spaß haben und dabei Leid verhindern, soweit es mir direkt und absehbar möglich ist. Ich möchte keine Arten erhalten und keinen Klimawandel stoppen. Veränderung ist Leben 😉

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    • Hallo Kirsten, weitgehend stimme ich deinem letzten Abschnitt zu und sehe das sehr ähnlich. Zur Veränderung gehört allerdings auch das Lernen. Das muss nicht unbedingt belastend sein. Die Evolution des Lebens beruht ja zu einem gewichtigen Teil darauf, dass das Leben aus Mängeln und Fehlern „lernt“. Auch wir Menschen greifen ja immer ein in Lebensprozesse ein und verändern damit, egal, was wir tun, auch wenn wir nichts tun. Der Versuch, Leid zu verhindern, aber auch Spaß zu verursachen, gehört dazu. Menschen haben das nie nur als Individuen getan, sondern als soziale „Rudeltiere“ immer auch in Gemeinschaften. Heute ist es mehr und mehr die globale Gemeinschaft, die versucht, das Leben der Menschen auf dieser Erde zu organisieren, aus Fehlern zu lernen oder auch Glücksprozesse zu initiieren. Der Wille, Leid in der eigenen globalen Lebensart zu vermeiden oder zu reduzieren und sich eine möglichst vielfältige Mitwelt zu erhalten, kann zu neuen Erkenntnissen und Maßnahmen führen -z.B. mit dem Ziel, die massive Vernichtung anderer Lebensarten und der eigenen (mittels Hungertod und Kriege) zu bremsen und sich in den Machtmöglichkeiten zu begrenzen. Letztendlich liegt sowohl im Einzelnen ein Überlebenstrieb und -Wille wie auch in der Gemeinschaft. Deshalb haben sich auf der Weltklimakonferenz in Paris erstmals alle maßgeblichen Nationen der Welt auf einige bedeutsame Schritte wie auf eine Begrenzung des Verbrauchs von Rohstoffen geeinigt. Im Lernprozess wird auch die Erkenntnis wachsen, dass der Mensch sich selbst mit seiner Ernährung durch Massentierhaltung schadet (Antibiotika sowie Stress und Angst der Tiere, die mit aufgenommen werden, Hunger in der Welt, Flächenverbrauch und Klimawandel). Das erreicht eben kein maximales Glück, sondern viel Leid. Und was mich als Individuum betrifft: ich will keinen Stress, die Welt retten zu müssen oder ein neues „Büßergewand“ tragen. Ich bin gegen jede ökologische Verbissenheit. Aber ich bin glücklich, wenn ich tolle neue Möglichkeiten entdecke, meiner Mitwelt und mir möglichst wenig zu schaden und das zu leben. Ein alternativer Lebensstil kann sehr viel Spaß machen und eine neue Lebensqualität enthalten, wenn ich mir bewusst bin, dass ich nicht alles erreichen kann und muss, sondern nur zu einem kleinen Teil des Lernprozesess der Lebensart Mensch beitrage.

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  2. Hallo, die Worte hören sich gut an, geben mir ein gutes Gefühl, weil ich mich freue, dass jemand ein gleichwertiges, gleichberechtigtes Lebensnetzwerk denkt. Eine schöne Utopie, die die Welt für alle Erdlinge besser machen könnte. ABER: Gott brauche ich dazu nicht. Die theologische Idee ist mir zu jenseitig, ein ideologischer Überbau, aus dem nichts folgt. Er macht nicht besser, nicht heil, nicht einsichtig – leider.
    Aber vllt habe ich da auch nur was falsch verstanden.?

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    • Hallo Anne, einen jenseitigen Gott brauche ich dazu auch nicht. „Theologie“ ist tatsächlich in den Religionen oft zu einem dogmatisch-ideologischen Überbau verkommen, der dem Lebensnetzwerk nicht dient, sondern ihm ein künstliches Gebäude überstülpt und damit Gewalt antut. Was ich meine, ist das Staunen, die „Ehrfurcht vor allem Leben“, wie es Albert Schweitzer ausgedrückt hat. Die Dankbarkeit dem Geschenk des Lebens gegenüber, das alle Grenzen menschlichen Verstandes und seiner begrenzten Wahrnehmung des Lebens überschreitet. Die Öffnung für dieses Leben ist Beten. Es braucht dazu allerdings keinen Glauben an ein göttliches Wesen. Es ist eher geprägt durch das „Spüren“ einer kreativen Energie, einer Kraft der Beziehung und und Verbindung. Aus dieser Lebenssicht folgt tatsächlich etwas, nämlich der tägliche Versuch, dem Leben nachzuspüren und ihm in seinem Netzwerk zu „dienen“ – abseits allerdings von dogmatischer Moral und Geboten. Ob dazu noch ein „Gott“ notwendig ist, um diese Lebensanschauung und seine Folgen zu beschreiben, bleibt offen. Vielleicht handelt es sich hier auch eher um eine „spirituelle Lebensphilosophie“ als um eine „Theologie“, die ich beschreiben möchte. Sie hat zwar in Theologien auch des Christentums ein Teil ihrer Wurzeln, überschreitet diese aber durch ein neues Bewusstsein jenseits der Grenzen von religiöser Dogmatik und ideologischer Weltanschauung.

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      • Das hört sich gut an. Es ist für mich aber dann die Frage, ob diese Sichtweise nicht eine rein philosophische ist, die mit der Idee eines Gottes im Sinne des Christentums, Belohnung für christlichen Lebenswandel im Jenseits etwa, gar nichts mehr zu tun hat. Ist christlicher Glaube dann ’nur‘ noch eine Art Label, unter dem dann was ganz anderes ‚vekauft‘ wird als der ursprüngliche Glaube an Gott, Dreieinigkeit etc. etc.?

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  3. Hallo Anne, diese Sichtweise kann sicher auch als eine rein philosophische eingeordnet werden. Ich würde sie eher als eine spirituelle Philosophie sehen, die an wesentliche Aussagen des Christentums (und anderer Religionen) anknüpft. Mit der Idee eines Gottes, der im Jenseits belohnt (oder auch bestraft) hat diese Betrachtungsweise des Lebens allerdings nichts mehr zu tun. Ich trete dafür ein, dass sich das Christentum (aber auch der Islam!) davon verabschieden. Viel zu lange war ein solches „moralisch-erzieherisches“ Gottesbild allzu dominant in der Geschichte dieser Religionen. Was „der“ ursprüngliche Glaube war, ist allerdings so nicht zu definieren. Bereits in der frühen Zeit des Urchristentums gab es eine große Vielfalt von Sichtweisen und Meinungen, die die Machtkirche dann teils gewaltsam reduziert hat. Der „Dreieinigkeits-Glaube“ ist auf diese Weise von oben verordnet worden. Dabei knüpfen auch später immer wieder Glaubensströmungen wie die Mystik an „freiere“ Gottesbilder an und formulieren Gott beispielsweise als „Geist“, Schöpferkraft und Liebes-Energie, die alles im Universum verbindet. Dies sind ebenso Traditionen innerhalb der so genannten Abrahamsreligionen wie die „Herrschaftsbilder“. In der Mystik werden Kernpunkte des Glaubens formuliert, in denen sich diese Religionen sehr nahe kommen. Eine „Theologie“ oder „spirituelle Philosophie“ des Lebens nimmt hier und in der christlich-biblischen Zentralaussage „Gott ist Liebe“ (1. Johannes 4, 16) Bezug und setzt solche Bilder in den Dialog mit heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungen des Lebens. Insofern soll hier nichts unter dem „Label des christlichen Glaubens“ etwas anderes „verkauft“ werden, sondern gerade gefragt werden, welches die bedeutendsten inneren Bilder des Glaubens und der religiösen Tradition für unsere Zeit sind. Vielen Dank für deinen kritischen Hinweis, der sehr wichtig ist!

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